Vorfälle sexualisierter Gewalt in den Jahren 1972 - 1986

Sexualisierte Gewalt vollumfänglich aufarbeiten

Nach Vorstellung der ForuM-Studie zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland bedankt sich Superintendent insbesondere bei den Betroffenen sexualisierter Gewalt dafür, was diese in die Studie eingebracht haben. „Ohne sie gäbe es keine Aufarbeitung!“

Der Kirchenvorstand der Stephanus-Gemeinde erhofft sich aus der Studie Erkenntnisse, aus denen weitere Maßnahmen für Aufarbeitung und Prävention abgeleitet werden können. "Geschehenes Unrecht können wir nicht ungeschehen machen. Das, was in den Jahren 1972 – 1986 in unserer Gemeinde geschehen ist, liegt uns schwer auf der Seele."

In Kinder- und Jugendarbeit legt die Gemeinde schon länger großes Augenmerk darauf, dass alle Mitarbeitenden in diesem Bereich gut geschult sind, um sexualisierter Gewalt vorbeugen und Schritte auf dem Weg zu diesem Unrecht frühzeitig erkennen und einschreiten zu können. "Solches Unrecht soll sich nicht wiederholen!“

25. Januar 2024

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Ansprechpersonen

Sie haben Kenntnis von Fällen sexualisierter Gewalt, auch wenn sie schon länger zurückliegen? Sie sind von sexualisierter Gewalt in unserer Gemeinde oder unserem Kirchenkreis betroffen und suchen eine Person, der Sie sich anvertrauen können?

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Schutzkonzept

Der Evangelisch-lutherische Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen will Schutzbefohlene und Mitarbeitende besser vor sexualisierter und anderen Formen von Gewalt schützen. Dazu hat die Synode des Kirchenkreises ein Schutzkonzept verabschiedet. „Wir bieten Menschen einen sicheren, geschützten Raum – und übernehmen damit eine hohe Verantwortung. Deshalb gilt bei uns ein klares Nein zu sexualisierter Gewalt!“, begrüßt Superintendent Christian Berndt das Kirchenkreisschutzkonzept. „Unser Ziel ist, jegliche Form von Gewalt und insbesondere sexualisierter Gewalt im direkten Wirkungsbereich unserer kirchlichen Arbeit unmöglich zu machen.“

Ein Schwerpunkt ist die Prävention. „Unsere Mitarbeitenden werden ab jetzt verpflichtend geschult. Wir sensibilisieren damit für Themen wie Grenzverletzungen und sexualisierte Gewalt.“ Diese Schulungen durch Fachkräfte des Kirchenkreises, die für die Prävention sexualisierter Gewalt ausgebildet sind, sind nicht nur für hauptberuflich Tätige, sondern auch für Ehrenamtliche obligat und bis spätestens Ende 2024 zu absolvieren.

Die Evangelische Kirche gibt sich mit ihren Schutzkonzepten grundlegende Umgangs- und Verhaltensregeln. Kirche und die Menschen, die sich für die Kirche engagieren,  haben mit Anerkennung der Schutzkonzepte aktiv Position bezögen gegen körperliche, verbale und seelische Gewalt, wozu auch Mobbing gehört. „Wir werden nicht mehr wegschauen, sondern konsequent hinsehen“, versichert Superintendent Berndt.

Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen / 17. März 2023

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Kirche muss ein sicherer Ort sein

Kirchenkreissynode stellt sich Verantwortung für Vergangenheit und Zukunft

Die Synode des Evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Wolfsburg-Wittingen hat sich in ihrer Sitzung am 30. Juni 2021 der Erklärung des Landesbischofs Ralf Meisters zu Vorkommnissen sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche angeschlossen. „Nicht nur die katholische Kirche hat hier etwas aufzuarbeiten, es gibt auch Fälle in unserer Kirche, sogar in unserem Kirchenkreis“, erläuterte Superintendent Christian Berndt. In der Vergangenheit sei über Jahre und Jahrzehnte weggeschaut worden, auch von Leitungsverantwortlichen in der Kirche.

5. Juli 2021

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Stellungnahme des Kirchenvorstandes

Anfang Juli 2020 gab es in regionalen und überregionalen Zeitungen Berichte über einen Missbrauchsfall im Kirchenkreis Hittfeld (Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers). In diesem Zusammenhang wurde auch die Stephanuskirche Detmerode erwähnt, da der betreffende Pastor vor seiner Zeit im Kirchenkreis Hittfeld in Wolfsburg tätig war. Er war in der Zeit von1972 bis 1986 Pastor der Stephanusgemeinde. Mehrere Fälle sexuellen Missbrauchs durch Jörg Deneke sind uns mittlerweile bekannt geworden.

Wir stellen an dieser Stelle ausdrücklich fest: Missbrauch und sexuelle Gewalt sind durch nichts zu entschuldigen oder gar zu rechtfertigen! Wir sind entsetzt über das, was in unserer Gemeinde geschehen konnte. Wir werden uns mit allen Kräften, die uns zur Verfügung stehen, für Prävention, Intervention, Hilfe und Aufarbeitung einsetzen.

Inwieweit kirchliche Strukturen Missbrauch begünstigen, soll jetzt in einer unabhängigen wissenschaftlichen Studie untersucht werden. Dazu sollen Betroffene sowie Zeitzeuginnen und Zeitzeugen befragt werden. Mit der Veröffentlichung der Fallstudie rechnet die Hannoversche Landeskirche zum Jahresende 2023.
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Wir wissen, wie schwer es Betroffenen fällt, sich mit ihren traumatischen Erfahrungen anderen anzuvertrauen. Dennoch bitten und ermutigen wir mögliche Betroffene, sich an die unten aufgeführten Kontaktstellen der Hannoverschen Landeskirche zu wenden. Auch Pastorin Kalthoff, die Mitglieder des Kirchenvorstands sowie der Superintendent stehen für Gespräche zur Verfügung.

Der Kirchenvorstand der Stephanusgemeinde Wolfsburg-Detmerode

Kirchenvorstand der Stephanusgemeinde Wolfsburg-Detmerode, Oktober 2021

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Offener Brief eines Ehemaligen

Die jetzt überall zu lesenden Nachrichten über die Missbrauchsvorwürfe gegen Jörg Deneke trafen mich ins Mark.

Ich bin ein Detmeroder Kind, Jahrgang 1963, wurde in der Stephanus Kirche von Heinrich Grosse konfirmiert und begann bald darauf in der Gemeinde aktiv zu werden: in der Gruft, als Teamer auf Konfirmandenfreizeiten, im Konfirmandenunterricht, Mittwochsandachten auf Taizé – Hockern, Sommerfreizeiten für „benachteiligte“ Kinder, Friedensbewegung und Bildungsveranstaltungen gegen atomare Aufrüstung und anderes. Später leistete ich fast folgerichtig Zivildienst in der Gemeinde und wenn ich recht erinnere, schrieb Heinrich Grosse damals für mich ein „Persönlichkeitsprofil“ für meine Kriegsdienstverweigerung.

Hunderte Konfirmandinnen und Konfirmanden absolvierten damals den „Konfiunterricht“, viele dichte und fruchtbare Stunden erlebte ich mit jungen Menschen, mit älteren aktiven Gemeindegliedern, viele bewegende und schöne Momente als Zivildienstleistender mit Behinderten und Kranken.

Es war die „große Zeit“ mit den Pastoren Heinrich Grosse, „Fidi“ Bremer und Jörg Deneke, mit Helma Wulfes und Walter Papst als Diakonin und Diakon, die sich als Team „verschworen“ hatten. Die Stephanus Gemeinde war in dieser Zeit hochaktiv, jung und modern – mit (jedenfalls für mich) glaubwürdigen, authentischen Hauptamtlichen, die auf der Suche nach alternativen Formen von Kirche und christlichem Glauben waren, die für uns junge Leute, jeder auf seine Art, auch erreichbar waren, eine Gemeinde mit hochengagierten

„Teamern“ und Aktiven. Dort fanden sich Vorbilder auf der Suche nach „unserer Religion“, nach einem modernen, in unsere Zeit passenden, in dieser Zeit für uns „möglichen“ Glauben. Auch wenn damals das Gemeindeleben natürlich nicht fehlerfrei war, schimmerte doch eine christliche Gemeinschaft in ihren besten Momenten auf.

Auch wenn ich später meine aktive Zeit nicht mehr fortsetzte, weil sich doch zu viele nagende, grundsätzliche Zweifel einstellten, so hat diese Zeit eine große, fruchtbare Sympathie und ein lebenslanges „Reiben“ an der wunderbaren Verheißung der „Guten Nachricht“ in mir begründet.

Der nun ans Licht kommende Missbrauchs Vorwurf schlägt mit unerwarteter Wucht eine tiefe Wunde und rührt, wie eine rückwirkende „Entwertung“ dieser großartigen Zeit, an Existentielles. Wie eine große Freundschaft, in der man erst spät erfährt, dass der engste Gefährte des Vertrauens nie wert war. Dieser Bruch eines „Urvertrauens“, das wir damals suchten, kann ganze „Gebäude“ der Jugendzeit kollabieren lassen.

Und eine Ahnung zieht herauf: so muss es, in potenzierter Schwere, den Opfern ergehen.

Und leider sind nun alle Pastoren der damaligen Zeit zu früh verstorben und es ist nicht mehr möglich mit Ihnen wenigstens etwas von dem Zauber der damaligen Zeit zu retten, sie in einem persönlichen Gespräch frei zu stellen von einer, hoffentlich nicht vorhandenen, tatenlosen Mitwisserschaft. Denn dieser Schlag trifft nicht nur den einen, er trifft die Gemeinschaft. Soll dieser Schatten des Zweifels, der sich auf alle legt, nicht mehr aufzuhellen sein?

Natürlich liegt die Last des Geschehenen zuallererst auf den Opfern und ich sehe mich nicht als Opfer – aber der Zweifel dehnt sich bedeutend weiter aus und viele, viele könnten um ein Teil Ihrer Vergangenheit betrogen sein, um eine Vergangenheit, in der wir glaubten ein kleines bisschen auf dem Weg zu einer „besseren Kirche“ vorangekommen zu sein.

Ich würde Sie gerne sehr eindringlich bitten: Bearbeiten Sie dieses Thema aktiv, bearbeiten Sie dieses Thema offen. Nur so kann Heilung beginnen. Das ist alternativlos - auch wenn es Sie natürlich nicht persönlich betrifft. Warten Sie nicht bis das Geschehene über die Gemeinde „hereinbricht“ und sich der Verdacht des Vertuschens oder der Nachlässigkeit auf die Stephanus Gemeinde legt.

Lassen Sie eine wunderbare Zeit aus den frühen Tagen dieser Gemeinde nicht in der Dämmerung der Zweifelhaftigkeit versinken, denn das haben die damals hochengagierten Menschen der Gemeinde nicht verdient – und die Opfer schon gar nicht.

Mit freundlichen Grüßen, aber etwas des Atems beraubt,
Carsten Busch, Wolfsburg

Erstmals veröffentlicht im Gemeindebrief 197, September 2020